Krieg in der Ukraine: Wie lange noch?

Bald sind es 40 Monate her, seit die russischen Streitkräfte die Ukraine überfielen und den bereits seit Jahren schwelenden Konflikt in einen offenen Krieg eskalieren liessen. Seitdem führen Politikerinnen und Politiker unzählige Gespräche – über Waffenstillstände, notwendige Waffenlieferungen und diplomatische Lösungen. Doch das Leiden und Sterben in der Ukraine geht weiter, und die Sehnsucht nach einem gerechten Frieden bleibt ungestillt.

In den ersten Wochen nach Kriegsbeginn flohen Millionen Menschen aus der Ukraine. Gemeinden und Einzelpersonen der Evangelisch-methodistischen Kirche (EMK) in den Nachbarstaaten reagierten sofort: Sie öffneten ihre Gebäude als Zufluchtsorte, organisierten Lebensmittel, Kleidung, medizinische Versorgung und halfen bei der Weiterreise. Gleichzeitig wurden Hilfstransporte in die Ukraine geschickt – mit Grundgütern wie Decken und Hygieneartikeln, aber auch mit dringend benötigten medizinischen Geräten für Krankenhäuser.

Hilfe im Wandel – von der Nothilfe zur Integration

Mittlerweile hat sich die Lage verändert. Nicht mehr so viele Menschen fliehen aus der Ukraine. Und andererseits haben viele, die in Polen, Tschechien, Ungarn oder Rumänien angekommen und geblieben sind, längst grosse Schritte zur Integration in die jeweilige Gesellschaft gemacht.
Pastorin Jana Křížova aus Prag erklärt: «Viele aus der Ukraine geflüchtete Menschen haben längst eine Arbeit gefunden und auch eine Wohnung. Sie werden zwar noch vom Staat unterstützt, materielle Hilfe von der EMK benötigen sie aber nur noch in Ausnahmefällen. Wir sind als EMK in Tschechien in der Lage, die diesbezüglich benötigte Hilfe mit eigenen Ressourcen bereitzustellen.»

Ähnlich ist die Situation in Rumänien und Ungarn. In Polen ist der Bedarf an Unterkünften noch am grössten – dort sind etwa anderthalbmal so viele Geflüchtete registriert wie in den drei anderen Ländern zusammen. Von den 14 polnischen EMK-Gemeinden, die anfangs Unterkünfte bereitstellten, sind einige weiterhin aktiv. Szarlota Kamińska, die Koordinatorin dieser Arbeit, betont: «Auch wenn die Intensität des Engagements für die aus der Ukraine geflüchteten Menschen abnimmt, muss mit Nachdruck betont werden, dass die Unterstützung für sie und unser Engagement weiterhin erforderlich sind.»

Seelsorge und geistliche Begleitung

Der polnische Pastor Jarosław Bator reist seit langem regelmässig in die Ukraine. Anfangs lag sein Fokus auf materieller Hilfe im Nordosten des Landes. Heute geht es ihm vor allem darum, den Menschen geistlichen Beistand zu geben. Er predigt an zwei Orten, darunter in einem Krankenhaus, und trifft sich wöchentlich online mit seinen Gemeindemitgliedern.

Auch Rares Calugar, der Gebietsverantwortliche für die EMK in Rumänien, spricht von einem Wandel: «Unsere Arbeit mit den aus der Ukraine geflüchteten Menschen geht weiter. In Cluj-Napoca haben wir ein ukrainisches Zentrum, das mehr als 100 Kindern und Jugendlichen einen Ort für verschiedene ausserschulische Aktivitäten wie Kunst, Musik, Tanz bietet. Ausserdem werden dort jetzt auch Rumänisch-Kurse für Erwachsene angeboten. In Sibiu setzen wir das Projekt «Aufsteigen» fort, ein Nachmittagsprogramm für Jugendliche, in dem ukrainische und rumänische Jugendliche zusammenkommen, um Lebenskompetenzen zu erlernen und Zeit für ihre persönliche Entwicklung zu haben.»

Pastor Jaroslaw Bator (2. von li) zu Besuch in der Ukraine
Pastor Jaroslaw Bator (2.v. li.) zu Besuch in der Ukraine
Traumabewältigung und Seelsorge

Die EMK unterstützt nicht nur praktisch, sondern auch seelisch. In Rumänien entstand das Projekt «Faces of Courage», das Frauen bei der Verarbeitung von Kriegstraumata hilft. Ein besonders bewegendes Projekt sind die ersten wasserfesten Bibeln für ukrainische Soldaten. Weil Handys mit Internetverbindung sie zu leichten Zielen für Drohnen machen würden, setzt man auf gedruckte Bibeln in modernem Ukrainisch – als «Symbol der Widerstandsfähigkeit und Hoffnung».

Auch den Verantwortlichen der EMK in Tschechien ist das Engagement für Menschen in der Ukraine mit posttraumatischen Belastungsstörungen ein prioritäres Anliegen. Sie unterstützen die Durchführung von jeweils zehntägigen Rehabilitations-Retraiten, in denen insbesondere Witwen von gefallenen Soldaten und Waisenkinder die Hilfe erhalten, die sie benötigen. Diese Hilfe umfasst Erholung, psychologische und psychotherapeutische Begleitung, die durch entsprechende Fachleute sichergestellt wird, sowie geistliche Angebote wie Gottesdienste und Seelsorge. In den Jahren 2023 und 2024 wurden von der Partnerorganisation der EMK in Tschechien insgesamt 24 solche Retraiten für jeweils rund 50 Personen durchgeführt – für das Jahr 2025 sind weitere 20 geplant. Ein Hinweis darauf, wie gross die Not ist.

Gemeinschaft über Grenzen hinweg

In einigen Ländern sind ukrainische Geflüchtete feste Mitglieder der EMK-Gemeinden geworden. Andere haben eigene Gemeinden gegründet, die sich in EMK-Räumen treffen. Besonders bemerkenswert ist die russischsprachige EMK-Gemeinde in Prag, in der Ukrainer:innen und Russ:innen gemeinsam Gottesdienst feiern. Eduard Holtman, ein Gemeindemitglied, sagt: «Wir singen auf Russisch und auf Ukrainisch. Ich versuche, zwischen diesen zwei Sprachen abzuwechseln, sodass die Menschen sehen, dass wir in Christus Frieden haben können.»

Die brennende Frage bleibt

Die Sehnsucht nach Frieden ist unvermindert stark, und die Frage «Wie lange noch?» lastet schwer auf allen Beteiligten. Aber immer wieder werden – gerade auch durch den engagierten Dienst von Menschen der EMK in Polen, Tschechien, Ungarn und Rumänien – Zeichen der Hoffnung sichtbar. Eine Hoffnung, die tragfähig ist, die Zuflucht und Geborgenheit bietet, die dem Gedanken an eine lebenswerte Gegenwart und Zukunft Raum gibt.

Beitragsbild: Jugendliche des ukrainischen Zentrums in Cluj-Napoca (Rumänien) singen und tanzen an einem Festival in Cluj-Napoca

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Urs Schweizer
Länderkoordinator Mittel- und Südeuropa