Schwierige Rahmenbedingungen für Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo
18. Dezember 2023
Am 20. Dezember finden in der Demokratischen Republik Kongo Wahlen statt. Die Rahmenbedingungen sind schwierig. Connexio develop hat im Vorfeld mit einer Bildungskampagne einen Beitrag zu friedlichen Wahlen zu leisten versucht.
Zum dritten Mal nach 2006 werden am 20. Dezember in der Demokratischen Republik Kongo demokratische Wahlen stattfinden. «Unser Land bereitet sich auf einen wichtigen und heiklen Moment in seiner Geschichte vor», sagt Blanchard Ayinza Boke. Er ist Landeskoordinator von Connexio develop, der Organisation für Entwicklungszusammenarbeit der Methodist:innen in der Schweiz. Der Ausgang der Wahlen werde für die nächsten fünf Jahre den politischen Kontext für die Kongoles :innen bestimmen, und auch den der Partnerorganisationen von Connexio develop, die sich dort für die Verbesserung der Lebensbedingungen von marginalisierten und verletzlichen Menschen einsetzen.
Land der 1000 Parteien
In dem zentralafrikanischen Land, dessen Bevölkerung derzeit auf etwa 100 Millionen Einwohner :innen geschätzt wird, gibt es rund 1000 unabhängige politische Parteien. Für die Präsidentschaftswahlen gibt es 26 Kandidat :innen, darunter auch der derzeitige Präsident Felix Tshisekedi. Bei den Parlamentswahlen kandidieren rund 30 000 Kandidat :innen für 500 Sitze in der Nationalversammlung.
Eine Besonderheit dieser Wahl sei ausserdem, dass die Kongoles :innen zum ersten Mal Gemeinderät :innen wählen, hebt Blanchard Ayinza Boke hervor. Damit würden erstmals demokratische Institutionen auf lokaler Ebene geschaffen. «Die seit 2006 erwarteten und immer wieder verschobenen Kommunalwahlen werden nun endlich stattfinden.»
Konflikte, Krisen und Misstrauen
Schon unter idealen Voraussetzungen wäre eine geordnete Wahl in diesem grossen Land eine immense Herausforderung. Doch die Rahmenbedingungen für die Wahl sind in vielfacher Hinsicht ungünstig. Im Osten des Landes herrschen schon länger bürgerkriegsähnliche Zustände. Die Konflikte haben sich in jüngster Zeit zugespitzt. Auch befindet sich das Land in einer wirtschaftlichen und sozialen Krise. Die Oppositionsparteien verdächtigen die Regierung überdies, Wahlbetrug vorzubereiten. Die Regierung weist diese Vorwürfe zurück.
Viele sind extrem arm
Der Kongo verfügt über Zweidrittel des weltweiten Coltanvorkommens. Dieses sehr wertvolle Mineral wird zur Herstellung von Mobiltelefonen verwendet. Rund ein Drittel der weltweiten Diamantvorkommen finden sich in diesem Land und ausserdem grosse Mengen an Kobalt, Kupfer und Bauxit. Dennoch leben hier laut Zahlen der Weltbank mehr als 60% der Bevölkerung in extremer Armut.
Die Enttäuschung über die politischen Verantwortlichen sei gross in der Bevölkerung. Entsprechend hoch sei die Hoffnung, dass die Wahl neue Leute an die Macht bringt, die das Land in eine bessere Zukunft führen, sagt Blanchard Ayinza Boke. «Wahlen, insbesondere Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, werden als ein entscheidender Moment wahrgenommen, bei dem daher Enttäuschungen nicht zu vermeiden sind.»
Wahlprozedere ist intransparent
Sehr häufig kommt es nach Präsidentschaftswahlen zu Unruhen und gewaltsamen Protesten – insbesondere in den grossen Städten wie der Hauptstadt Kinshasa. Diese Unruhen haben ihren Ursprung meist darin, dass die Forderungen nach einem transparenten, demokratischen und inklusiven Wahlprozess nicht gewährleistet wurden.
«Auch der aktuelle Wahlzyklus, dessen erste Phase am 20. Dezember endet, weist die typischen Merkmale vergangener Wahlzyklen auf», sagt Blanchard Ayinza Boke. Die gemeinsame Wahlbeobachtungsmission der Nationalen Bischofskonferenz (Conférence Episcopale Nationale du Congo) und des Netzwerks der protestantischen Kirchen (Église du Christ au Congo) berichteten von rund dreitausend Wahllokalen, die von der Wahlzentrale in einer Liste aufgeführt, aber nicht lokalisiert werden konnten.
Stimmkarten sind unlesbar
Eine grosse Anzahl von Wähler :innen hat ausserdem beschädigte Stimmkarten. «Aufgrund der schlechten Qualität der Tinte beim Druck sind diese Karten derzeit unleserlich», berichtet Blanchard Ayinza Boke. Viele Betroffenen hätten aber grosse Schwierigkeiten, sie zu ersetzen.
Hinzu kämen enorme logistische Schwierigkeiten bei der Aufgabe, das Wahlmaterial durch das Land zu transportieren. «Dies führt zu Gerüchten über eine mögliche Verschiebung der Wahlen, was zu Unzufriedenheit führen und sich zu Gewalt und politischen Unruhen im ganzen Land ausweiten könnte.»
Politische Bildung
Um zu verhindern, dass es nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse zu Gewalt und politischen Unruhen kommt, hat die methodistische Kirche im Kongo mit Unterstützung von Connexio develop politische Bildungsmassnahmen zur Vorbereitung auf die Wahlen durchgeführt. Dies vor im Stadtteil Kingabwa im Norden der Stadt Kinshasa sowie in anderen Kirchgemeinden, die zu den drei Bezirken von Kinshasa gehören. Kingabwa ist einer der Stadtteile von Kinshasa, die überwiegend von armen Menschen bewohnt werden und in denen es häufig zu Gewalt und politischen Unruhen kommt.
Anleitung zum Wahlvorgang
Zu Beginn der Aktion wurden rund 150 Moderator:innen ausgebildet, die in den Bezirken und Kirchgemeinden für die politische Bildung zuständig waren. Placide Ndjekambodi, Projektverantwortlicher der Kirche, schätzt, dass mehr als 15 000 Personen an den Veranstaltungen zur politischen Bildung teilgenommen haben. Die Verantwortlichen mahnten auch zur Gewaltfreiheit bei der Veröffentlichung der Ergebnisse. Zusammen mit Connexio develop planen die Verantwortlichen vor Ort, wie diese politische Bildung in einer dem Kontext angepassten Perspektive fortgesetzt werden kann.
Blanchard Ayinza Boke / S.F.
Beitragsbild: Plakate von Wahlkandidaten an der Fassade eines Gebäudes in Kinshasa. (Foto: Blanchard Ayinza Boke, privat)