Weder frei noch fair – Die Wahlen in Kambodscha
27. Juli 2023
Kambodscha hat gewählt. Schon vor der Wahl war der Ausgang bereits klar. Kaum waren die Wahllokale geschlossen, sprachen die Regierungspartei und der amtierende Premierminister bereits von einem Erdrutschsieg. Unabhängige Beobachter sind seit Jahren über die politischen Entwicklungen beunruhigt. Der Hochkommissar für Menschenrechte der UN (Vereinte Nationen), Volker Türk, sagt: „Es ist besorgniserregend, dass der demokratische Raum in Kambodscha in den letzten Jahren stetig geschrumpft ist und die Grundfreiheiten und das Recht auf Beteiligung an öffentlichen Angelegenheiten untergraben wurden“. Was ist geschehen?
Ein System von Repression, Einschüchterung und Gewalt
Der Premierminister Hun Sen und seine Partei hat während den vergangen vier Jahrzehnten ein System der Repression, Einschüchterung und Gewalt aufgebaut. Beispielsweise wurde im Februar auf Druck des Premierministers eine der letzten unabhängigen Zeitungen geschlossen. Im Mai hat die nationale Wahlkommission, die auch dem Premierminister unterstellt ist, die einzige glaubwürdige Oppositionspartei von den Wahlen ausgeschlossen. Ein Sieg der Regierungspartei war somit vorgezeichnet. Dieselbe Taktik hat Hun Sen schon vor fünf Jahren angewendet, als die wichtigste Oppositionspartei vor Gericht gezwungen wurde, sich aufzulösen. Bei den Wahlen 2018 gewann die Kambodschanische Volkspartei alle 125 Sitze. Kambodscha wurde faktisch zu einem Einparteienstaat. Oppositionspolitiker flohen aussr Land, wurden unter Hausarrest gestellt oder ins Gefängnis gesteckt.
Abkehr von der Demokratie
Mu Sochua, ein Oppositionsführer, der geflohen ist, sagt, Hun Sen habe der Demokratie endgültig den Rücken gekehrt. Dieses Ansinnen wurde auf die Spitze getrieben, als das Nichterscheinen zu den Wahlen und jegliche Beschädigung von Wahlurnen unter Strafe gestellt wurde. Den Menschen blieb keine andere Möglichkeit als an einer Wahl teilzunehmen, die weder frei noch fair war. Die Landeskoordinatorin von Connexio develop sagt, die Menschen sind wütend und frustriert über das ungerechte Wahlsystem und die Aushöhlung der Demokratie, aber sie haben Angst, ihre Meinung und Gefühle auszudrücken. Sie behalten ihre Emotionen und Ideen für sich, da sie weder das Recht haben noch Möglichkeiten sehen, sich für das Land und die Zukunft ihrer Familien einzusetzen.
Die Geburt einer Dynastie
Bereits vor den Wahlen hat Hun Sen angekündigt, dass er die Macht seinem ältesten Sohn, General Hun Manet übergeben will. Ebenso sagte er, dass er als Vorsitzender der Regierungspartei auch nach dem Machtwechsel die Politik und die Geschicke des Landes kontrollieren werde. Seine Absichten, eine Dynastie zu errichten, unterstrich er, als er sagte, dass er 2023 Vater des Premierministers und in den 2030er Jahren Grossvater des Premierministers sein werde. Hun Sen wurde 1985 während einer von Vietnam unterstützten Regierung zum Premierminister ernannt. Als die UNO 1992 nach einem Friedensabkommen Wahlen durchführte, bleib Hun Sen als Co-Premierminister an der Spitze. Nach einem internen Machtkampf, der in einen Staatsstreich endete, wurde er zum alleinigen Premierminister. Als harter Kämpfer, der sich nicht um demokratische Grundprinzipien kümmerte, hat er seinen Einfluss in Kambodscha auf unbestimmte Zeit gesichert. Der Versuch der Weltgemeinschaft, in Kambodscha eine Demokratie aufzubauen, ist leider gescheitert.
Probleme der Bevölkerung werden ausgeblendet
Kambodscha verzeichnet vor der Pandemie eine der höchsten Wirtschaftswachstumsraten in Südostasien. Das Wirtschaftswachstum und die Stabilität im Land sind die grössten Verkaufsschlager der Regierung. Die Probleme der Bevölkerung werden aber ausgeblendet. Das Freihandelsabkommen «alles ausser Waffen» zwischen der EU und Kambodscha wurde 2020 von der EU (Europäische Union) vorübergehend wegen systematischen Menschenrechtsverletzungen ausser Kraft gesetzt. Dadurch verlor Kambodscha den zollfreien Zugang zur EU. Als Folge davon ziehen sich viele Firmen aus Kambodscha zurück. Das führt wiederum dazu, dass viele Arbeitsplätze, insbesondere im Textilsektor, verschwinden und Menschen ihre Existenzgrundlage verlieren.
Was der Klimawandel für das Land bedeutet
Kambodscha ist eines der Länder, die den Klimawandel durch eine Zunahme extremer Wetterereignisse zu spüren bekommt. Während des Monsuns kommt es immer wieder zu Überschwemmungen, die die Existenzen der Menschen gefährden. Auch in der Hauptstadt kommt es immer wieder nach heftigen Regenfällen zu Überschwemmungen. Natürliche Rückhaltebecken, die früher Wasser auffangen konnten, wurden bebaut, aber keine alternative Abflussmöglichkeiten geschaffen. Immer wieder werden in der Stadt Wohnungen überschwemmt. Die Politik interessiert dies wenig, solang das Geschäft gut läuft.
Was uns dennoch Hoffnung gibt
In Südostasien setzen sich immer mehr junge Menschen für Demokratie und Menschenrechte ein. Sie kämpfen für Selbstbestimmung und für eine bessere Zukunft. In einigen Ländern haben sich Bewegungen entwickelt, auch im Nachbarland Thailand, die die Machthaber herausfordert. Die jungen Menschen sind gut vernetzt, teilen Erfahrungen und Ideen und unterstützen sich gegenseitig. Diese Entwicklung gibt Hoffnung.